Unser Geist ist da!

Unser Geist ist da!
28. November 2019 Christopher Detke

Lange haben wir gewartet, nun durften wir ihn endlich auf der Diözesanstelle begrüßen. Bernd Rochna unser Verbandsseelsorger hat seinen Dienst bei der KLJB Augsburg angetreten. Wir wollen den „Neuen Geist“ vorstellen und haben ein interessantes Interview mit ihm geführt. In Folge I erfahrt ihr, ob man eigentlich sehr gut in der Schule sein muss, um Pfarrer zu werden?

F: Hallo Bernd, in deinem Lebenslauf habe ich gesehen, dass du gleich mehrere Schularten besucht und zwischendurch gewechselt hast. Wie warst du in der Schule?

Insgesamt durchschnittlich, würde ich sagen. Ich war in der sechsten Klasse des Gymnasiums etwas überfordert mit Mathe und Englisch und habe das Klassenziel nicht erreicht (lacht). Daher habe ich mich dann in den Sommerferien für die Aufnahmeprüfung in die siebte Klasse der Realschule vorbereiten müssen, um trotzdem vorrücken zu dürfen.

 

F: Hattest du ein Lieblingsfach?

Ich denke Geschichte, Religion, Sozialkunde und Deutsch. Mit Mathe habe ich’s einfach nicht so gehabt. Ich sag immer: Mathe ist schön, schade, dass ich’s nicht verstehe.

F: Welche Rolle hat der Religionsunterricht für dich in der Schule gespielt?

Mir haben natürlich die biblischen Geschichten immer gefallen. Aber auch der Unterricht in der Realschule war es sehr spannend. Wir hatten da einen tollen Lehrer, mit dem wir zum Beispiel Botschaften in Heavy Metal Musik besprochen haben. Ich hab die Musik zu dieser Zeit gerne gehört und kannte mich aus. Eigentlich hat mir der Religionsunterricht also immer Spaß gemacht. Auch wenn das Niveau in der Berufsschule dann eher beschaulich war.

F: Du hast nur geisteswissenschaftliche Fächer aufgezählt und Mathe war nicht so deins. Wie kam es dann, dass du einen eher technischen Beruf gelernt hast?

Ja, das ist etwas widersprüchlich. Ursprünglich wollte ich Buchhändler werden, habe aber keine Lehrstelle gefunden. Eine Bekannte, die bereits bei der Eisenbahn gelernt hat, hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass dort noch Leute gesucht würden.

F: Und du warst direkt begeistert?

Naja, man muss dazu sagen, dass es Mitte der 90er Jahre mit den Lehrstellen echt Mau aussah. Das kann man sich heute nicht vorstellen. Das war sehr schwierig. Aber die Eisenbahner haben gesucht. Darum habe ich mich beworben, als „Eisenbahner im Betriebsdienst. Fachrichtung Triebfahrzeug.“

F: Warst du als Kind denn begeistert von der Eisenbahn?

Nein, ich war nie der Eisenbahnfreak. Aber ich habe mir gedacht, wenn schon zur Eisenbahn, dann wenigstens gleich als Lokführer.

F: Also ist das mehr oder weniger aus der Not geboren worden?

Ja, aber es hat mir dann schon sehr viel Spaß gemacht. Und ich muss dazu sagen, dass es gar nicht so technisch war. Also ich musste schon etwas das Eisenbahnwesen, Signalkunde und das Verkehrstechnische lernen, aber keine technischen Grundlagen.

F: Die Berufsschule für Industrie-Elektronik klingt aber dann doch sehr technisch…

Das stimmt, aber wir waren im Prinzip mit den Eisenbahnerklassen nur daran angegliedert.

F: Wo hast du dann als Lokführer gearbeitet?

Die Münchner S-Bahn-Gesellschaft suchte Personal – das ist heute noch immer so. Scheinbar ist das ein Fass ohne Boden. Da habe ich dann im S-Bahn-Betrieb begonnen. Im regulären Schichtdienst habe ich das aber nur ein halbes Jahr lang gemacht.

 

In Teil II unseres Interviews, erfahrt ihr, warum Bernd seine Laufbahn als Lokführer beendet hat und wie kurios sein Studium verlief.

F: War es für dich in der Ausbildung schon klar, dass du das Abitur noch machen möchtest?

Ja, eigentlich hatte ich das immer geplant. Der Beruf hat mir Spaß gemacht und die Lehre habe ich keinesfalls bereut, aber ich wusste, dass da noch mehr war.

F: Daher wolltest du das Abitur noch machen?

Ja, ich bin an die Berufsoberschule für Technik. Wieder Technik (lacht). Entsprechend wurde ich mit Hardcore-Mathe auf Leistungskursniveau konfrontiert. Das war schon heftig.

F: Und du hast weiter als Lokführer gearbeitet?

Ja, das war auch ganz gut, weil es ein super Job war und ein gutes Geld nebenher gab und ich durfte meine Eisenbahnfahrkarte behalten und konnte somit umsonst zur Schule fahren.

F: Trotz Hardcore-Mathe hast du aber die allgemeine Hochschulreife an der BOS noch geschafft…

Das war schon ziemlich knapp am Ende. Gerade in Mathe war ich froh, dass aus der Fünf keine Sechs wurde. Außerdem musste ich mit Latein noch eine zweite Fremdsprache von null lernen.

F: Im Anschluss warst du bei der Bundeswehr. Eine Verweigerung aus pazifistischen Gründen kam für dich nicht in Frage?

Wie das damals so war, bin ich klassisch im Pflichtwehrdienst eingezogen worden. Die Verweigerung war komischerweise nie ein Thema. Glücklicherweise war ich auch nur Sanitäter. Da musste ich also nur die Grundausbildung an der Waffe machen. Der Rest war Sanitätsdienst. Bis zum Studium habe ich dann sogar noch ein halbes Jahr verlängert.

F: War die Wahl deines Studiums von vornherein klar?

Das war um ehrlich zu sein etwas kurios…

F: Warum?

Ich wollte eigentlich immer Theologie machen. Damit hab‘ ich auch begonnen. Allerdings hab‘ ich ziemlich bald festgestellt, dass es an einer Sache immer scheitert, um die ich mich auch eine Zeit lang gedrückt habe.

F: Was war das?

Die griechische Sprache (lacht).

F: Aber du kanntest doch bereits Latein…

Ja, aber das war auch nur sehr rudimentär und da war der Sprachkurs Bibelgriechisch schon sehr anspruchsvoll. Mit dem absolut nötigen Engagement und einer gewissen Bissfestigkeit, hätte ich es wahrscheinlich schon geschafft. Aber das hatte ich damals noch nicht.

F: Was hast du dann gemacht?

Ich hab das Theologiestudium abgebrochen. Im Nachhinein muss ich sagen, ich habe es unterbrochen. Und habe dann Lehramt für Mittelschule mit den Fächern Religion, Sozialkunde, Deutsch und Arbeitslehre studiert. Das habe ich auch bis zum 1. Staatsexamen gemacht und parallel einen Magister in Politikwissenschaften absolviert. Zudem hab‘ ich den damals ganz neuen Elitestudiengang Ethik der Textkulturen abgeschlossen.

F: Das ist ein ordentliches Pensum.

Das kann man so sagen. Mit meiner damaligen Freundin bin ich währenddessen sogar für eineinhalb Jahre nach Frankfurt gezogen.

F: Während des Studiums?

Ja, glücklicherweise wurde im Studiengang Ethik der Textkulturen vieles von dem, was ich an der Goethe-Universität in Frankfurt gemacht hatte, anerkannt.

F: Das hat dich also zeitlich nicht zurückgeworfen?

Nein, und was ganz entscheidend war. Ich bin in Frankfurt nochmals zur Griechisch-Prüfung angetreten und habe tatsächlich bestanden. Zwar ging die Beziehung irgendwann zu Ende, aber das Griechisch konnte mir niemand mehr nehmen.

F: Das heißt du bist mit bestandener Griechisch-Prüfung zurück nach Augsburg gekommen?

Genau und ich wollte mir den Schein nicht nur über das Bett hängen. Daher hab‘ ich mich entschlossen das Theologiestudium wieder aufzunehmen. Meine Scheine hatten Gültigkeit und ich hab 2010 das Vordiplom bestanden.

 

In Teil III unseres Interviews, erfahrt ihr, wie Bernd schließlich Priester wurde.

„Die Weichen wurden immer wieder richtig gestellt.“ Endlich hatte Bernd die Griechisch-Prüfung bestanden. Er konnte sein Theologiestudium fortsetzen. Lest in Teil III, wann Bernd die Entscheidung zum Priestertum getroffen hat.

F: Griechisch-Schein in der Tasche, Vordiplom bestanden. Dein Weg ins Priesterseminar war geebnet?

Ja, wobei ich schon überlegt habe: Gehe ich in das Referendariat für Lehramt oder gehe ich ins Priesterseminar.  Aber irgendwann war klar. Wenn ich es jetzt nicht mache, dann mache ich das nie mehr. Daher bin ich im September 2010 ins Priesterseminar eingetreten.

F: Das war natürlich schon ein großer Schritt, der dein Leben in eine andere Richtung gelenkt hat. Gab es so etwas wie einen Auslöser?

Nein. Also ich hatte kein Paulus-Erlebnis. Ich kann das nicht an einem Ereignis fest machen. Das war eher ein langsames, stetiges Hinführen. Um es mit dem Eisenbahnwesen auszudrücken: Die Weichen wurden immer wieder in die richtige Richtung gestellt. Gerade, dass ich die Griechisch-Prüfung in Frankfurt bestanden habe, sehe ich als Zeichen und gewissermaßen als Gnade.

F: Wie hat sich der Schritt auch auf dein soziales Umfeld ausgewirkt?

Ach, ich denke, ich habe das ganz gut integriert. Es war zwar ein wichtiger Schritt, aber kein radikaler Schnitt in meinem Leben. Meine Mutter war sehr begeistert. Mein Vater hat sich aber schon etwas Sorgen gemacht, weil ich nun zunächst wieder kein ordentliches Geld verdiente und das Priesterseminar ja auch noch etwas kostete.

F: Du sprichst die materielle Seite an. Wie hast du das geregelt?

Das war gar nicht so einfach. Ich habe über das päpstliche Werk für geistliche Berufe sozusagen ein Bafög für Priester beantragt. Das waren damals 250 Euro. Aber 140 Euro sind gleich wieder für die Krankenversicherung abgezogen worden.

F: Das heißt für den Monat blieb davon nicht viel Geld übrig.

(lacht) ja, da lernst Du das Sparen und das war auch sehr prägend war für mich. So konnte ich nur mal ansatzweise verstehen, welche Sorgen Menschen haben, die feststellen: Nach dem Geld ist noch so viel Monat übrig.

F: Wie hast du dir beholfen?

Ich war dann nebenbei beim Studentenwerk in der Gastronomie als Essensausfahrer und Küchenhilfe. Das hat Spaß gemacht und es war natürlich ein zusätzlicher Verdienst.

F: Und das neben Studium und Priesterseminar?

Ja, das war zeitlich nicht so einfach. Ich musste ja das Diplom noch fertigmachen und hatte zudem einige Veranstaltungen im Priesterseminar.

F: Was steht im Priesterseminar auf dem Stundenplan?

Ganz unterschiedliche Dinge, das ging von den täglichen Messbesuchen bis zur Sprecherziehung, Gesangsausbildung, Vorträge und sonstige Veranstaltungen an den Wochenenden, die parallel zum Studium laufen.

F: Wie war die Zeit für dich?

Ich war von 2010 bis 2012. Eigentlich ist man vier Jahre dort. Ich konnte etwas abkürzen, weil ich ja bereits das Vordiplom absolviert hatte. Das waren also zwei Jahre. Aber ich denke, die zwei Jahre haben auch gereicht.

F: Was meinst du damit?

Ich hatte ja schon ein gewisses Alter erreicht. Und da ist es schon nicht mehr ganz einfach, sich in so ein Internatssystem einzufügen. Ich gehörte schon zu den ältesten.

F: Und du hattest ja vorher auch ein freies und unabhängiges Leben geführt…

Natürlich spielte das auch mit rein. Aber man darf sich das nicht so vorstellen, dass man eingesperrt wird. Jeder hatte seinen Schlüssel und durfte zu jeder Tages- und Nachtzeit ein- und ausgehen. Aber gewisse feste Strukturen gab es natürlich schon.

F: Aber die gibt es ja im normalen Berufsleben auch…

Das stimmt natürlich, aber ich war für diese Struktur vielleicht schon ein bisschen zu alt. Daher war ich mit der Verkürzung auf zwei Jahre sehr zufrieden.

F: Zur der Ausbildung zum Priester gehört auch die Praxis. Für dich ging es quer durch das Bistum.

Durch meine kurze Zeit im Priesterseminar konnte ich meine Zeit als Pfarrpraktikant in Mindelheim verlängern. Habe also mehr Zeit mit der Praxis verbracht. Im zweiten Jahr wird man zum Diakon geweiht. So konnte ich bereits als Diakon in Mindelheim arbeiten. Das hat natürlich zur Folge, dass ich wesentlich mehr Aufgaben hatte. Taufen, Trauungen, Beerdigungen usw.

F: Im Anschluss gab es die Priesterweihe und du bist ganz in den Südosten des Bistums versetzt worden?

Genau, ich war in Weilheim als Kaplan, sozusagen als Priester zur Mitarbeit. Das war wieder eine ganz andere Erfahrung. In Mindelheim hatten wir mehr oder weniger eine Pfarrhaus-WG mit Pfarrer, Kaplan und dem Pfarrer im Ruhestand. Es sind Freundschaften entstanden. Ich war bei der Feuerwehr aktiv. In Weilheim hatte ich meine eigene Wohnung und war nicht mehr so in das Sozialleben integriert. Es gab erstmal weniger Gemeinschaft.

F: Nach zwei Jahren war aber auch da wieder Schluss, es ging zurück in den Norden und in eine Stadt.

Das war schon eine große Umstellung. Ich sage immer scherzhaft. Das Geld, dass der Weilheimer für einen Knopf an der Trachtenjacke zahlt, davon lebt der neu-Ulmer ein halbes Jahr lang (lacht). Also die Mentalitäten gehen schon weit auseinander. Es ist schon auch interessant das innerhalb des Bistums zu erforschen.

F: Du hast den Norden, den Süden und die Mitte des Bistums erlebt. Wo gefällt es dir am besten?

Also diplomatisch gesagt, hat alles seinen Reiz. Würdest Du mich fragen, wo ich im Ruhestand hinziehen möchte. Dann wär‘s wahrscheinlich nicht die Stadt.

F: Du bist also auch eher der Landmensch?

Ja in jedem Fall. Ich erinnere mich gern an die Weilheimer oder Mindelheimer Gegend. Das ist natürlich schon ein Traum, so nah an den Bergen.

F: Dann fühlst du dich mit Sicherheit bei der Katholischen Landjugend gut aufgehoben.

Natürlich. Das passt sehr gut. Ich war ja in Weilheim schon mal Präses des BDKJ Weilheim-Schongau und hatte auch sehr gute Kontakte zur KJG. Beide Verbände waren aber auch sehr ländlich geprägt.

 

TEIL IV VERBÄNDE, POLITIK, EHRENAMT

Als Pfarrer hat sich Bernd für einen katholischen Jugendverband entschieden. Doch was heißt für ihn eigentlich katholisch und wie steht er zur politischen Arbeit kirchlicher Vertreter? Das erfahrt ihr im letzten Teil unseres Interviews.

F: Welchen Stellenwert gibst du der katholischen Verbandsarbeit?

Ich finde unsere Verbände sehr wichtig und denke, man kann durch die Verbandsarbeit vielleicht ein Stück weiter in die Gesellschaft hineinwirken. So einen Verband nehmen die Leute einfach wahr. Und so ein Verband mischt verschiedene Hintergründe natürlich miteinander. So kann man etwa das Thema Nachhaltigkeit bei der KLJB auch ganz gut theologisch unterfüttern. Ich denke auch Jugendlichen fällt es vielleicht etwas leichter sich in so einem Verband zu engagieren, als in einem rein religiösen Gruppen.

F: Die Verbände kämpfen ja oft mit der Kritik, nicht katholisch oder zu wenig katholisch zu sein…

Da muss man sich erstmal fragen, was ist denn überhaupt katholisch.

F: Was heißt das für dich?

Würde man es wörtlich übersetzen, heißt katholisch erstmal all umfassend. Und für mich ist das so, dass gerade die Vielfalt des christlichen Glaubens auch seine Stärke ist. Deshalb habe ich auch den Spruch Markus 9, 40 gewählt: „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“ Also wer nicht explizit etwas gegen uns sagt, ist sowieso schon mit dabei. Das ist für mich ein sehr inklusiver Ansatz.

F: Ärgert dich der Vorwurf also?

Das finde ich ganz gefährlich und hat schon fast etwas Sektiererisches.

F: Kannst du das noch etwas genauer erklären?

Ja, denn mich bringen eigentlich nur zwei Dinge auf die Palme. Zum einen, wenn jemand meint, dass er die Arbeitsqualität eines anderen beurteilen soll und zum anderen, wenn Anhänger eines Weges, dem anderen Weg die Existenzberechtigung absprechen. Die Überzeugung, dass nur ein Weg gilt, ist für mich ganz eindeutig Merkmal einer Sekte. Ich denke, es kann ganz viele verschiedene Wege zum Heil geben. Auf gut Deutsch: Die Autobahn ist breit und viele Spuren führen zum Ziel. Es gibt so viele parallel verlaufende Möglichkeiten und das sehe ich auch als große Stärke der christlichen Kirchen. Das ist es doch, warum sich viele Leute hier gut aufgehoben fühlen. Rosenkranz, charismatisches Bewegungen, Verbände. Es gibt so viele Möglichkeiten und das finde ich besonders schön. Diese beurteilenden Abgrenzungen halte ich dagegen für gefährlich.

F: Was hast du dir für das erste halbe Jahr oder Jahr vorgenommen?

Also ich bin der Meinung um sich richtig einzuarbeiten, brauchst du fast ein Jahr. Erst dann weiß man, wie der Hase läuft. Ich denke erstmal muss es meine Aufgabe sein, in die Aufgabe hineinzuwachsen und die Arbeit, die momentan schon getan wird, bestmöglich zu unterstützen.

F: Hast du eine Idee, was für dich ein wichtiges Projekt sein könnte?

Für mich ist die oben erwähnte Offenheit sehr wichtig. Keiner soll sich ausgeschlossen fühlen. Und wir dürfen uns auch nicht irgendwelchen Themen verschließen.

F: Fällt Dir da ein brisantes Thema ein?

Ja, ich nehme etwa schon wahr, dass das Thema „Gender“ in den Medien sehr intensiv behandelt wird. Vor so etwas dürfen wir uns nicht verstecken. Vielleicht können wir auch mal eine neue Perspektive einbringen. Es darf eigentlich kein Thema geben, dass wir nicht zumindest anschneiden dürfen. Irgendwann betrifft uns als Verband fast jedes Thema einmal.

F: Du plädierst also für einen proaktiven Umgang mit gewissen Fragen?

Ja, denn oft ist es doch so, dass heikle Fragen von selbst auf einen zukommen und dann ist man gezwungen sich damit zu beschäftigen und ist vielleicht sogar unvorbereitet.

F: Was interessiert dich noch?

Da fallen mir sofort ethische Fragen im Bereich der Landwirtschaft ein. Ich habe auch schon landwirtschaftliche Schulklassen dazu unterrichtet. Aber nicht nur in der Landwirtschaft, auch gesamtwirtschaftliche und Fragen der Generationengerechtigkeit. Einfach ethische Fragen unseres täglichen Lebens.

F: In deinem Lebenslauf stehen unheimlich viele Ehrenämter. Was bedeutet das Engagement für dich?

Die Ehrenämter sind für mich auch ein gewisser Ausgleich.

F: Weil du den Menschen auf einer anderen Ebene begegnest?

Ja, ich hab zwar immer viel mit Menschen zu tun. Bin dann aber halt einfach nicht mehr auf der beruflichen Ebene. Das ist für mich schon wichtig. Da bin ich einfach „der Bernd“. Oder wenn ich bei der Feuerwehr in meiner Heimatgemeinde bin, dann ist das einfach so, als wäre ich nie weg gewesen. Klar übernehme ich die Feierlichkeiten, wenn ich gefragt wäre. Aber ich bin da im Privaten.

F: Geht das als Priester überhaupt? Privat sein?

Also das ist schon ein bisschen so wie beim Arzt. Also wenn mich jemand auch privat um Hilfe bittet, zum Beispiel zur Krankensalbung oder Ähnlichem, dann werde ich nie nein sagen. Trotzdem bin ich auch überzeugt, dass man mal einen freien Tag braucht.

F: Außerdem bist du auch noch in einer Partei Mitglied. Wie siehst du politisches Engagement?

Ja, ich bin noch Mitglied in der CSU, wobei ich da kein Amt übernehmen darf. Ein politisches Amt und die Seelsorge vertragen sich eigentlich nicht.

F: Warum?

Es ist ganz klar so geregelt, dass du als katholischer Geistlicher, kein politisches Amt innehaben darfst. Die Trennung von Kirche und Staat ist ja mit dem Konkordat geregelt. Die Verkwickung zwischen den beiden Ämtern wäre also kritisch. Der Priester soll nicht parteilich werden. Er bleibt ein Unparteiischer.

F: Das war natürlich nicht immer so…

Ja, es gab natürlich früher den „schwarzen Block“. Da saßen dann alle geistlichen für die Zentrumspartei im Landtag. Das geht so nicht mehr, auch wenn es ein paar Ausnahmen gibt.

F: Achja…

Ja zum Beispiel, wenn eine Gemeinde ganz stark von einem ansässigen Kloster geprägt ist, dann darf vielleicht auch mal ein Pater aus dem Kloster im Gemeinderat sitzen.

Heißt das, dass du dich als geistlicher auch nicht zur aktuellen Politik äußerst?

Nein, das heißt es genau nicht. Ich bin der Meinung man muss sich sogar äußern und Stellung beziehen.

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