ASAK auf Studienfahrt in den Niederlanden

ASAK auf Studienfahrt in den Niederlanden
7. September 2022 Simon Steinmayer

Mit insgesamt 15 Leuten war der ASAK vom 20. August für neun Tage unterwegs, um im Rahmen einer landwirtschaftlichen Studienfahrt die Niederlande und im speziellen die dortige Landwirtschaft besser kennenzulernen.

Der Weg mit zwei Kleinbussen vom Süden der Diözese Augsburg zu unserer ersten Unterkunft in Rotterdam wurde genutzt, um noch einen kurzen Blick auf das Weinanbaugebiet entlang der Mosel zu werfen. ASAK-Sprecher Phillip Schalk erklärt dazu: „Das scheint ein richtig guter Riesling-Jahrgang zu werden“. Ein weiterer Stopp wurde beim Tagebau Garzweiler gemacht. Dort wird auf einer Fläche größer als der Tegernsee Braunkohle abgebaut. Gegen 18 Uhr konnten wir von der Autobahn aus die erste Windmühle sehen. Wir waren also fast angekommen. Die Zimmer im Hostel direkt am alten Hafen, waren für manche eine Herausforderung. Schließlich war das ganze Gebäude aus vielen Würfeln, die auf eine Ecke gestellt wurden, aufgebaut. Das heißt kein Raum hatte gerade Außenwände und auch die beengte Dusche musste in manchem Zimmer mit zwei zusammenstoßenden Würfelkanten geteilt werden. Aber etwas Morgen-/Abendsport schadet ja nicht.

Den Containerhafen von Rotterdam am Sonntag zu besuchen, war sicher eine gute Idee, denn auch ohne den üblichen Werktagsverkehr war am größten Hafen Europas einiges los. Nach einer ausgiebigen Hafenrundfahrt, vorbei an großen Industrieanlagen, den Fundamenten von Offshore-Windrädern, Tankterminals, riesigen Arbeitsschiffen, um Unterseekabel für Telefon und Internet zu verlegen, und noch größeren Containerschiffen, teils mit über 24.000 Containern Fassungsvermögen, verbrachten wir den frühen Nachmittag am Maasvlaktestrand. Dieser grenzt direkt an den Hafen und wird von über fünf Meter hohen Sanddünen zur Landseite abgegrenzt. Danach ging es zur Stadtführung zurück nach Rotterdam. Neben der skurrilen Statue von Santa Claus ging es an verschiedenen bekannten Bauwerken, die alle ihre Spitznamen haben vorbei. Wir sahen „Bleistift“ und „Spitzer“, die „Salatschüssel“ und natürlich die Erasmus-Brücke. Bemerkenswert ist, dass es keine Altstadt im näheren Sinn gibt. „Wenn wir Holländer denken, dass ein Gebäude nicht mehr funktioniert oder es uns nicht mehr gefällt, reisen wir es einfach ab und stellen etwas Neues hin“, erklärte unser Guide dazu.

Der Montag stand im Zeichen des Wassers. Zunächst hieß es „Klappe halten und Augen auf!“, denn wir besuchten eine Vogelbeobachtungsstation im Nationalpark Oosterschelde. Neben den hungrigen Uferschnepfen konnten wir auch Seeschwalben und viele andere Vögel sehen, die in der Morgensonne auf Nahrungssuche waren. Mittags ging es zum Strand im Nationalpark, wo sich ebenfalls viele Vögel am Ufer und in den Sanddünen auf Nahrungssuche begaben. Den Nachmittag verbachten wir im Watersnood Museum in Schouwen-Duiveland. Hier wird sehr eindrucksvoll die Flutkatastrophe vom 1953 aufgearbeitet. Besonders spannend, aber für uns auf den ersten Blick nicht sichtbar: das ganze Museum befindet sich in den vier Caissons, die zum Schließen des letzten Lochs im Deich verwendet wurden, bevor mit dem Wiederaufbau begonnen werden konnte. Am späten Nachmittag stand noch eine weitere Station auf dem Programm – die Windmühlen von Kinderdijk. Mit diesen Windmühlen wurden damals vorwiegend Wasserpumpen betrieben, um die Wasserpegel innerhalb der Deiche konstant zu halten oder die Felder zu bewässern. Heute sind die Windmühlen alle stillgelegt und weitgehend in Privatbesitz. Die Wasserpumpen werden mit Elektromotoren angetrieben.

„A tomato a day keeps the doctor away”, das war der Leitspruch am Dienstag. Der Tag stand ganz im Zeichen der Tomate. Zuerst waren wir in der Tomatoworld. Einem Infozentrum zum Tomatenanbau in den Niederlanden. Bei Kaffee und Tee sprachen wir über die Grundlagen des Tomatenanbaus, den aktuellen Stand der Technik zum Anbau unter Glas und das wichtige Gleichgewicht von Schädlingen und Nützling im Gewächshaus. Danach ging es durch die Hygieneschleuse in ein für niederländische Verhältnisse winziges Gewächshaus. Händewaschen, Desinfizieren und das Tragen von Schutzkleidung werden gerade in letzter Zeit in den Gewächshäusern wieder groß geschrieben, weil ein Virus grassiert, der die Tomaten angreift. In diesem Gewächshaus werden zu Testzwecken 36 verschiedene, teils auch neue, Tomatensorten angebaut. Der Ertrag liegt jedoch etwas unterm Durchschnitt von 70 kg Tomate pro 1 m² Gewächshausfläche, weil alle Sorten mit gleicher Nährstofflösung und Lichtquelle versorgt werden. Bei der anschließenden Tomatenverkostung, wurde deutlich, wie groß die Unterschiede zwischen den verschiedenen Tomatensorten sind. Gegen Mittag – und mit deutlicher Verspätung, weil die Tomaten so gut waren – wurden wir im WorldHortiCenter herzlich willkommen geheißen. Das WorldHortiCenter bildet nicht nur im Bereich Agrartechnik aus, es bringt auch Forschung und Industrie an einem Ort zusammen. Hier erfuhren wir wie es in Zukunft vielleicht mal weitergeht, speziell beim Tomatenanbau aber auch bei vielen anderen Pflanzen im Glashaus. Vom Wissen über den Drohneneinsatz zur Bestäubung und Schädlingsbekämpfung über die LED-Beleuchtung mit ganz speziellen Farben, müsse ein Gärtner in Zukunft natürlich weiterhin einen grünen Daumen, ein grünes Herz, grünes Blut und grüne Augen haben. Daneben braucht es, wie unser Guide meinte: „data, data, data, data, data, data, data, data, data, data“. Für einen Teil unserer Gruppe ging es am Nachmittag zum Westlandsmuseum, das sich mit der Geschichte Westlands, dem größten Gewächshausanbaugebiet der Niederlande und der Geschichte des Gartenbaus im Allgemeinen beschäftigt. Ein anderer Teil nutzte die Nähe zu Den Haag, um den Nachmittag über die Stadt zu erkunden.

Dass Kühe schwimmen können, ist bekannt, aber ein Kuhstall?! Die Niederländer haben in einem privaten Pilotprojekt anlässlich des Hurrikans Katrina einen Kuhstall auf einem Ponton errichtet. Im ersten Stock ist Platz für bis zu 60 Kühe, die über einen Steg auf die Wiese am Festland können. Auf Wasserhöhe befinden sich verschiedene Räume. Unter anderem die Käserei und die Aufbereitungsanlage für die Gülle. Gefüttert werden die Tiere neben Silage und Kraftfutter mit Lebensmittelresten aus der Stadt, bspw. Weintrauben oder altem Brot. Ein weiteres schwimmendes Modul ist eine Solaranlage, die den notwendigen Strom zum Betrieb des Melkroboters, der Reinigungsroboters und der anderen Verbraucher an Bord bereitstellt. In Naher Zukunft soll noch eine weitere Plattform mit einem vertikalen Gewächshaus hinzukommen. Gegen Mittag ging es dann in unser zweites Hostel nach Haarlem und von dort mit dem Zug nach Amsterdam. Der Nachmittag wurde zur ausgiebigen Stadtbesichtigung genutzt – natürlich mit einer Bootsfahrt durch die Grachten.

„Donnerstag ist T-Shirt-Tag“, war die Ansage. Donnerstag ist aber nicht nur T-Shirt-Tag, sondern in Gouda auch Tag des Wochenmarkts, bei dem die Tradition des Käsehandels auflebt. In regional-typischer Tracht – nur echt mit Holzschuhen – wird hier das Marktgeschehen von damals gezeigt. Bei Gewinnspiel für ein Käsepaket hatte unsere Maria tatsächlich das richtige Gewicht der zehn Käseräder geschätzt – genauso wie fünf andere Marktbesucher. Beim anschließenden Los um den Gewinn, hatte sie aber leider den Kürzeren gezogen. Gestärkt von Appeltaart und Bitterballen, machten wir uns auf zur Gouda Cheese Experience, einem eher niederschwelligen Angebot, um das Wissen der Käseherstellung zu vermitteln. Den Tag haben wir dann bei einer vernünftigen Brotzeit, selbstredend mit ausreichend Gouda, im Hostel ausklingen lassen.

Wer den Blumenmarkt erleben will, muss früh raus. Deswegen war an diesem Freitag bereits um 6 Uhr Abfahrt zu Royal Flora Holland in Aalsmeer, dem größten Blumenmarkt der Welt. Von der eigentlichen Pflanzenauktion ist seit Corona, vor allem aber wegen der starken Digitalisierung, nicht mehr viel zu sehen. Die Auktionsräume gleichen leergefegten Vorlesungssälen, hier und da sitzt einsam und allein ein Auktionator und spricht in sein Headset. Daneben geht es in der aberwitzig großen Haupthalle zu wie in einem Bienenstock. Nach der automatisch über ein Schienensystem koordinierten Anlieferung, bringen über 220 Elektrotrecker Blumen in dreistöckigen, fahrbaren Stahlregalen zu Zwischenstationen, den Nebenhallen der Kunden oder dem automatischen Hängebahnsystem, das die Regale zur zweiten großen Halle auf der anderen Straßenseite bringt. Eine logistische Meisterleistung, die aber etwas vom Gedanken gedämpft wird, dass bspw. für einen Quadratmeter Rosen aus dem Glashaus etwa 90 m³ Erdgas notwendig sind. Der anschließende Besuch in der FloriWorld zeigte noch einmal, wie artenreich allein die Blumenwelt ist. Den Nachmittag verbrachten wir im Museum für historischen Gartenbau in Aalsmeer mit anschließender Fahrt durch die Grachten und die beiden Seen, die hier vorwiegend durch Torfabbau entstanden sind.

Den Samstag nutze ein Teil der Gruppe in Amsterdam für einen Besuch im Maritimemuseum, andere für die Körperwelten-Ausstellung, danach ging es zu Fuß nochmal auf Sightseeing-Tour durch die Stadt. Ein weiterer Teil fuhr mit den geliehenen, recht klapprigen Fahrrädern zuerst zu den Sanddünen im Nationalpark Kennemerland, dann weiter zu einigen Wisenten und gegen Abend nach Haarlem, um noch etwas die Stadt zu besichtigen.

Und dann hieß es auch schon wieder Abschied nehmen. Der Sonntag wurde nahezu ausschließlich auf die Rückfahrt verwendet. Wenngleich es einige Startschwierigkeiten gab, die unser ganzes diplomatisches Geschick und unsere interkulturelle Kompetenz noch einmal auf die Probe stellten. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

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