Trick 17: Wie Gerlinger möglichst umweltfreundliche Klebebänder herstellt

Trick 17: Wie Gerlinger möglichst umweltfreundliche Klebebänder herstellt
26. September 2019 Christopher Detke

Firmenbesichtigung bei der Gerlinger GmbH & Co.KG

Trick 17 Ziel 9„Wie schaffe ich es, meine Firma möglichst umweltfreundlich zu führen, aber dennoch konkurrenzfähig zu bleiben?“,  „Wie stelle ich meine Produkte möglichst klimaneutral aber trotzdem günstig her?“, oder „Wie kann mein Unternehmen auch in Zukunft durch Innovationen bestehen?“

Dies und noch einiges mehr fragt sich Friedrich Gerlinger (Fritz), Mitglied der Geschäftsleitung des Klebebandherstellers Gerlinger GmbH & Co. KG,  wohl täglich. In einer exklusiven Führung am 15.08.19  hatten einige KLJB-Mitglieder die Möglichkeit, auf diese und viele weitere Fragen eine ausführliche Antwort zu bekommen.

Mit einer Präsentation über die Firmengeschichte und verschiedensten Zertifizierungen, unter anderem auch der Auszeichnung als „Ökoprofit-Betrieb“, startete der sehr informative und anschauliche Rundgang. Gleich nach der Darstellung gab es erste Fragen zu klären. „Was sind lösungsmittelfreie Acrylate?“. Wir erfuhren, dass es verschiedene Klebstoffsysteme gibt und als lösungsmittelfrei die Klebstoffe gelten, welche in Wasser gelöst sind und eben nicht unter Verwendung von Aceton, Glycolether, Alkoholen oder Benzin hergestellt werden. Die Firma Gerlinger produziert von Beginn an ausschließlich mit lösungsmittelfreien Klebstoffen und leistet somit schon im ersten Schritt der Fertigung einen Beitrag zum Umweltschutz. Die zeitgemäße Frage, warum es denn eigentlich kein 100 prozentiges Ökoklebeband gäbe, beantwortete Fritz, der selbst langjähriges KLJB-Mitglied ist, damit, dass Klebeband oftmals nur ein Verbrauchsartikel ist. Ein Ökoklebeband würde im Rohstoffeinkauf enorm höhere Kosten bedingen, was ein solches Produkt, das „nur“ Verbrauchsware ist, unverkäuflich machen würde. Keine*r möchte für Klebeband ein kleines Vermögen zahlen, egal wie sehr sie/er sich für die Umwelt einsetzt. Zudem sind gleichwertig performante „Öko-Materialien“ für Träger und Trennlage schlicht am Markt nicht verfügbar.

Von Kreppband bis hin zu Dichtmassen

Gleich im Anschluss an die Präsentation begann der praktische Teil der Besichtigung. Im gleichen Gebäude bekamen wir die verschiedensten Produkte gezeigt und auch erklärt. Die Produktpalette reichte von Kreppband über Duct Tape bis hin zu Dichtmassen für den Baubereich. Diese Vielfalt versetzte alle Teilnehmer*innen ins Staunen. Weiter ging es in das Rohstofflager mit Hochtanks für die verschiedensten Klebstoffzutaten. „Die Rohstoffe werden vollautomatisch und rezepturgesteuert von den Lagerbehältern in den Mischer und über die Pufferbehälter zu den Beschichtungsanlagen gefördert.“, erklärte Fritz. Einen geruchsneutralen Raum bot uns das firmeneigene Labor für Entwicklung und Qualitätssicherung. „Wegen der ständigen Klimatisierung des Labors, der wahrscheinlich beliebteste Arbeitsplatz bei uns.“, scherzte der Prokurist. Hier werden anhand von Langzeittests neue Produkte ausgetestet oder bestehende Produkte ständig kontrolliert. Zurück in einer der vielen großen Hallen widmeten wir uns der Maschine, die das Auftragen des Klebstoffes auf das Trägermaterial vollzieht. Um zu gewährleisten, dass die Klebemasse optimal und an allen Stellen das Wasser gleichmäßig aus dem Klebstoff herausverdunstet, ist die Anlage sehr lang und besitzt integrierte Trocknungszonen, die je nach Produktart verschieden stark eingestellt werden können. Weiter im Produktionsverlauf geht es dann an die vollautomatischen Umrollschneidmaschinen. Wie es der Name vermuten lässt, werden auf diesen die großen, aus der Beschichtung kommenden Klebebandrollen umgewickelt und in handelsübliche Rollen geschnitten. Die Komplexität dieser Anlagen ist für den Laien auf den ersten Blick nur schwer zu durchschauen, wurde uns jedoch anschaulich erläutert. Sind die Klebebandrollen nun fertig produziert und auf Paletten geladen, werden sie mithilfe des hauseigenen, elektrischen Transportfahrzeuges ins vollständig automatisierte Hochregallager gefahren. Obwohl dieses Lager schon Anfang der 1990er Jahre gebaut wurde, kann es mit heutigen Standards sehr gut mithalten.

Besonders hochwertige Endprodukte

Zum Abschluss der Führung besichtigten wir dann noch die Halle, in der die Dichtstoffproduktion stattfindet. Neben vielen mineralischen Füllstoffen, Harzen und anderen Rohstoffen wird hier auch ein hoher Anteil an industriellem Ruß verwendet, was das Endprodukt besonders hochwertig und langlebig macht. Als Probe durften wir das Zwischenprodukt auf den richtigen Rußgehalt prüfen, indem wir es so weit es ging auseinanderzogen. „Bei einem Produkt mit geringem Rußanteil würden hier nur einzelne schwarze Flecken erkennbar sein, der Rest würde sehr hell werden. Bei diesem Produkt bleibt es auch auf größter Spannung tiefschwarz, was den hohen Rußgehalt des Produktes beweist.“, so Fritz.

Um anschließende Fragen zu klären, besuchten wir noch einmal den Präsentationssaal. Hier stellte der junge Unternehmer klar, dass es eine richtig verantwortungsvolle Aufgabe ist, ein Unternehmen zu leiten: „Als Selbständiger bist du für dein Handeln selbst verantwortlich und das eben ständig und genau diese beiden Attribute machen diese Aufgabe so intensiv aber auch besonders spannend.“ Zum Abschluss bekamen noch alle eine kleine Rolle Neongewebeklebeband geschenkt.

Danke Fritz!

Wir bedanken uns vielmals bei Fritz, der uns so informativ und aufschlussreich durch sein Unternehmen geführt und alle Fragen mit höchster Professionalität, aber trotzdem für uns Laien verständlich, beantwortet hat. Da die Firmenbesichtigung im Rahmen des Trick 17 stattfand, legten wir besonderes Augenmerk auf die Aspekte der Innovation und – wie nicht anders von Landjugendmitgliedern zu erwarten – auf die Umweltverträglichkeit der Produktion. Wir durften viel Neues kennenlernen und bekamen einen Eindruck, wie es an einem großen Industriestandort wie diesem bei der Produktion ablaufen kann. Wir erlebten vor Ort, wie aufwändig es ist, so alltägliche Produkte herzustellen. In Zukunft ist für uns Klebeband mehr als nur Verbrauchsware. Dank Fritz werden wir es gebührend wertschätzen.

Wie organisiere ich eine Firmenbesichtigung?

Ihr habt nach diesem Bericht Lust bekommen, euch auch mal mit den Firmen in eurer Region zu beschäftigen, oder wolltet schon immer mal die örtliche Schreinerei besuchen?

Eine kleine Anleitung gibt es hier zum Download:

Trick_17_Anleitung_Firmenbesichtigung

Lukas Hofmann

X