Wiedersehen an der Weidenkapelle Schopflohe

Wiedersehen an der Weidenkapelle Schopflohe
20. Mai 2020 Christopher Detke

ELJ, EJ und KLJB feiern gemeinsamen Gottesdienst in der Weidenkapelle Schopflohe und freuen sich über das Wiedersehen nach langer Zeit.

Regen prasselt gegen die Scheibe. Das Zimmer erscheint ungewöhnlich gemütlich und der Blick hinauf in den Himmel lässt graue Wolken hinter unzähligen Wassertröpfchen vermuten. Plötzlich zuckt ein Blitz durch den Himmel und trennt die graue Wand entlang der gezackten, leuchtenden Linie in zwei dunkle Hälften. Ein wunderschönes Schauspiel, nur heute etwas ungünstig gelegen. Der Donnerschlag, der sofort darauf ertönt, poltert lange nach und klingt laut in den Ohren. Wir befinden uns also im Epizentrum des Gewitters. In nicht mal zwei Stunden geht es los mit unserem ökumenischen Gottesdienst an der Weidenkapelle, doch aktuell sieht es eher nach „ins Wasser gefallen“ aus. In unserer Chat-Gruppe trudeln langsam die ersten skeptischen Nachrichten ein.

Optimistisch bleiben

Aber optimistisch bleiben. Den Aufbau verschieben wir eine halbe Stunde nach hinten und suchen nach einer Alternative, falls es so bleiben sollte. Doch dann reißt der Himmel auf und ein starker Wind fegt die Wolken über den Himmel. Es regnet noch, doch der Sturm zieht weiter. Nun etwas positiver gestimmt, entschließen wir, es zu versuchen. Als die ersten Autos an der Kapelle eintreffen, ist der Himmel strahlend blau und die Sonne bringt das Wasser aus den Wiesen und Feldern dampfend zum Vorschein. Die Stimmung ist fast ausgelassen, schließlich fand die ganze Vorbereitung über Videokonferenzen statt und jetzt, da das Wetter mitzuspielen scheint, macht der Aufbau richtig Spaß.

Langersehntes Wiedersehen

Kurz vor Beginn ist es dann noch leicht chaotisch, weil noch Rollen und Fürbitten verteilt werden müssen und sich alle etwas unvorbereitet fühlen, aber hey, es ist schließlich eine Landjugendveranstaltung. Viele von ELJ (Evangelische Landjugend), EJ (Evangelische Gemeindejugend) und KLJB (Katholische Landjugendbewegung) sehen sich heute zum ersten Mal live. Als alle ihre Aufgaben haben, besetzen wir unsere Plätze und geben der Kapelle den letzten Feinschliff. Die ersten Gäste sind erstaunlich früh da und wie sich herausstellt, sind sie aus dem naheliegenden Dorf heraufgewandert.

Das Hygienekonzept steht

Ganz ohne Hygienekonzept geht es natürlich nicht und so muss sich jede*r Besucher*in in Listen eintragen. Wir haben Flaschen mit Blumen darin aufgestellt, um die sich die Gäste versammeln können und so alle Abstandsregeln automatisch einhalten. Die Erleichterung in den Gesichtern ist spürbar, als die Masken fallen, sobald die Plätze erreicht sind. Sogar Singen ist durch die Distanz erlaubt. Als die letzte Familie sitzt, beginnt die Messe. Inzwischen ist es angenehm warm und die letzten Sonnenstrahlen tauchen alles in orangenes Licht. Nach Begrüßung durch die Vorsitzenden und ein, zwei Liedern startet ein kleines Anspiel, in dem es um gute und schlechte Plätze geht. Es geht um den Unterschied von Plätzen auf Erden und Plätze im Himmel, warum auf der Erde so große Differenzen herrschen und vor Gott alle gleich sind. Die Fürbitten schließen sich an und die Predigt. Hier wird das mit den Positionen vertieft, ein kleines Theaterstück erklärt humorvoll, dass nicht einmal der menschliche Körper einig mit sich selbst ist und die verschiedenen Organe zwar alle ihre Daseinsberechtigung an ihrem Ort haben, aber untereinander nicht unbedingt die gleiche Meinung haben müssen.

Bilder: Friedel Röttger

Logischerweise lässt sich das auch auf Himmel und Erde übertragen. Danach folgt eine Erklärung der beiden Pfarrer, nun sollten es alle verstanden haben. Einige Lieder und Gebete später endet der Gottesdienst. Man merkt, wie gut es den Leuten getan hat, wieder rauszukommen. Auch die Abendmesse hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Es wird viel geplaudert und die ersten spazieren nach Hause, während aus dem Rieskessel und an den Gewässern Nebelschwaden heraufsteigen. Der Abbau geht Hand in Hand. Sehr zufrieden und gut gelaunt verabschieden auch wir uns in dem Wissen, dass es wieder los geht.

 

Ein kleiner Steckbrief zur Weidenkapelle

Wer?

Gestatten, Weidenkapelle der Name. Ich wurde 2016 in einer Zusammenarbeit aus KLJB (Katholische Landjugendbewegung), ELJ (Evangelische Landjugend) und der Evangelischen Jugend im Dekanat Oettingen (EJ) gepflanzt. Von den Landjugenden ging die Initiative jeweils von den Kreisen aus und die Gemeindejugend hat sich auf Dekanatsebene beteiligt.

Wann?

Wie bereits erwähnt, wurde ich 2017 errichtet. Seither ist viel passiert, anfangs war ich nur ein nacktes Stahlgerüst und nun ranken sich meterhohe Weiden um das Gerippe. 2019 wurde ich im Rahmen der 72-h-Aktion des BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) von der KLJB Kreisrunde Nördlingen um einen Barfußpfad erweitert. Dieser führt direkt zum Eingang und unterstützt das naturnahe Erlebnis. Seit kurzem habe ich auch einen Briefkasten mit Gästebuch und Impulsen und einen Geocache, der Leute zu mir bringt.

Wie?

Um mich umsetzen zu können (ich wurde tatsächlich einmal umgesetzt), war einiges an Planung nötig. Das begann bereits über ein Jahr vorher. So einfach, wie man sich das gedacht hatte, war es nicht. Schnell stellte sich heraus, dass auf dem Grundstück, auf dem ich stehe, Versorgungsleitungen laufen. Und zwar vom Wasserwerk und vom Gaswerk. Eine Stromleitung gibt es ebenfalls. Weil da nicht nur ein Wasserversorger seine Finger im Spiel hat, musste ich wenige Wochen nach meiner Entstehung ein paar Meter wandern und wurde dann auch versetzt. Der Barfußpfad war nicht so problematisch, weil er nicht so tiefe Wurzeln schlägt wie ich. Später habe ich dann die Pflanzen dazu bekommen, um die sich die Landjugendlichen und einige nette Leute aus den umliegenden Dörfern kümmern. Im Sommer werden sie gegossen und immer wieder entlang der Rohre gebunden, damit sie in die richtige Richtung wachsen. Vor dem Winter werden sie dick eingepackt mit Stroh und Rindenmulch.

Wo?

Ich stehe auf einem Hügel zwischen Hausen, Schopflohe und Fremdingen, dem Urlas. Die Koordinaten sind 48.981674, 10.472531. Von dort aus hat man einen großartigen Ausblick über das Ries, den Meteoritenkrater, auf dessen Rand sich der Urlas befindet. Ich bin zu Fuß, mit dem Fahrrad und auch sonst gut erreichbar, nur für öffentliche Verkehrsmittel sind die Dörfer ein bisschen ab vom Schuss.

Was?

Nun ja, ich bin eine Weidenkapelle. Man kann mich als Ruhepol, Raststätte, Kirche, Ort der Begegnung oder ähnlichen Aktivitäten nutzen. Immer wieder wird bei mir auch Brotzeit gemacht. Es gibt viele Andachten und kleine Gottesdienste, weil sich ganz in der Nähe ein evangelisches Tagungs- und Jugendhaus befindet.

Warum?

Die Grundidee entstand aus einer Suche nach einem gemeinsamen Projekt von ELJ und KLJB. Hauptinitiatoren waren Friedel Röttger, Bezirksreferent der ELJ, und die damaligen Kreisvorstände. Nach dem Vorbild der, bei Jugendlichen sehr beliebten, großen Weidenkirche in Pappenheim, sollte eine kleine Weidenkapelle in der Nähe des Tagungshauses Schopflohe gepflanzt werden. Schnell war die EJ mit im Boot und das evangelische Dekanat Oettingen übernahm die Hauptträgerschaft. Nach Vorbild bereits wachsender Kapellen und Kirchen ging das Projekt in konkrete Planungen über und als alles geregelt war, begann die Umsetzung. Seitdem wachse ich jedes Jahr ein Stückchen höher.

Text: Christian Wüst

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